Eben, da, oben sah ich einen Vogel. Er flog in diese Richtung, hinters Haus, weiter, dem Walde entgegen, schliesslich zu und über die Berge. Bald erreichte er das Meer, flog, flog, entdeckte Inseln, Schiffe, vereinzelt, grössere und kleinere, weisse und blaue Wellen. Und wieder kam Land, kam Wüste, kam Sturm, Regen, Schnee, Sonne. Tier und Mensch, Baum und See zogen vorbei, hinterliessen Düfte, Hoffnungen, kleine und grosse Zaubermusik. Es wurde Tag, wurde Nacht, immer weiter trugen ihn seine grossen, erwachten Flügel. Wohin? Zu mir und aus mir. Schmerz wie Freude zog er an, trank und verschlang er, flog davon, kehrte um, sah, schwieg, weinte, lernte. Lange am Ende seiner Kräfte zehrend erlebte er Tiefstes und Höchstes, verliess sich, fand sich aufs Neue, immer wieder, bald mehr, bald weniger. Als sei’s der einzige Flug, als sei nichts ausser dieser Wolke- jetzt und jetzt – und dieser zaudernder Winde, nahm er die Zeit in sich auf, bis zur Verschmelzung mit ihr, bis war, was ist, wird, was gewesen. Ja, natürlich, er träumte. Träumte in völliger Missachtung aller und jeder Wirklichkeit, schaute weg, vielleicht, hatte Angst. Doch er lebte und überlebte, als Mensch, als sich und mit sich, niemand war seiner Flügel mächtig. Der Himmel war ihm Kunststube, war ihm Festplatz, Hochseiltanz, gefährlich und doch – wie wichtig!
Flieg weiter, oh Vogel, flieg bis zur Sonne, erschaue und erkenne: sie ist die Grenze. Weil nicht nur das Herz sehen kann.
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