6. November 2008

Gratuliert wird Obama am Mittwoch nicht nur aus Kenia, sondern von überall auf dem Kontinent. Südafrikas Befreiungsheld Nelson Mandela ist einer der Ersten: "Ihr Erfolg hat gezeigt, dass niemand den Traum aufgeben sollte, die Welt zu verbessern, egal wo auf der Welt." Er vertraue Obama, dass er die Bekämpfung von Armut und Krankheit zu seiner obersten Priorität machen werde, so Mandela. Einen Fokus auf Afrika erhoffen sich viele vom ersten schwarzen US-Präsidenten. 50 Berater waren in Obamas Stab für Afrika zuständig; das spricht für den Stellenwert des Kontinents. Obama hat zudem bereits im Wahlkampf angekündigt, er werde Afrika auch im Hinblick auf Demokratie und Menschenrechte mehr Aufmerksamkeit schenken. Manch autoritärer Verbündeter im "Kampf gegen den Terror" dürfte befürchten, dass die afrikanische Hilfe unter Obama abnimmt. "Da werden sich manche noch ein bisschen Ignoranz ihrem Land gegenüber zurückwünschen", glaubt eine Mitarbeiterin der UN-Kommission für Afrika. TAZ, 5.11.08

3. November 2008

Fragst du dich auch manchmal, was der historische Wert eines Ereignisses ist, das gerade jetzt geschieht? Welchen Platz dieser Tag, dieser Moment, diese Entscheidung in den Geschichtsbüchern in zwanzig, fünfzig oder hundert Jahren einnehmen wird? Wie werden diese Stunden rückblickend bewertet werden, welchen Wert, welche Bedeutung wird ihnen verliehen? Mich faszinieren diese Fragen. Ich habe, wie ich glaube, noch wenige dieser geschichtsträchtigen Momente globaler und in diesem Sinne nachhaltig das Weltgeschehen prägender Ereignisse bewusst miterlebt. Ich mag mich weder an den Fall der Berliner Mauer noch an Ruanda erinnern. Und so war 9/11 wohl das erste dieser speziellen, seltenen Geschehnisse, die ich miterlebte, hier miterleben musste. Man spürt in diesen Momenten wohl, wie die Welt ein, zwei Augenblicke still steht, wie sich eine, der Erkenntnis der Auswirkungen dies Gesehenen und Gehörten erwachsene, kurze Unruhe in der Bevölkerung breitmacht, Emotionen weckt, weltweit, zur selben Zeit. Schliesslich der Tsunami, dieser Schrecken der Natur, der gleichzeitig eine Machtdemonstration, vielleicht eine erste Rebellion unseres Planeten war und das Bewusstsein zumindest anstiess, Diskussionen entfachte, die zwingend hierarchische Struktur zwischen Mensch und Erde in Erinnerung rief.
In diesem Herbst nun riechts wiederum stark nach grosser Historie, und dies gleich an zwei Fronten. Hier einerseits die Finanzkrise, die immerhin in beinahe täglicher Repetition als schlimmste seit 1929 beschrieben wird und nun tatsächlich zu einigen Änderungen im Geschäft mit Summen, die weit ausserhalb meines Vorstellungsbereiches liegen, führen könnte und allenfalls gar weiterreichend in andere Bereichen des überkapitalisierten (Welt-)Gesellschaftssystems hineinwirken dürfte. Nebst dem die baldige, nunmehr äusserst wahrscheinlich wirkende Wahl eines jungen, demokratischen, schwarzen Präsidenten in den USA und also in jenem Staat, der die Weltpolitik während den vergangenen sechzig Jahren massgeblich bestimmte und nun, eingangs des 21. Jahrhunderts, am Scheideweg und allenfalls an der Schwelle einer nachhaltig veränderten, neuen, globalen Macht- bzw. Weltordnung steht.
Was kommt als nächstes? China, Indien, die UNO, die EU, Natur oder Mensch? Ein verspätetes 1984? Irans, Nordkoreas Machtgier gekoppelt mit atomarer Sprengkraft? Die grüne Revolution Afrikas? Das Ende des Erdöls? Der Mensch auf dem Mars? Krieg oder Frieden? Der „sausende Webstuhl der Zeit“ – eine Geschichte für alle und keinen. Und immer für eine Überraschung gut.